Trotz Pressefreiheit wird Kritik an Journalisten und öffentlichen Persönlichkeiten härter, ja zunehmend beleidigend. Gerade Christen im Mediengeschäft sollten sich an Sachlichkeit und berufsethischen Standards orientieren. Satire sollte sich gegen die Macht, aber nicht gegen die Person richten. Das ist zusammengefasst die Erkenntnis, die Katholikentagsbesucher in einer dicht besetzten Leipziger Sporthalle am Freitag mit nach Hause nehmen konnten. Die Teilnehmer des Podiums „Verhöhnt, verhetzt, verdammt – Menschenbild und Medienwirkung“ erwiesen sich als Publikumsmagneten: der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, die Fernsehmoderatorin Maybrit Illner, der Promi-Medienanwalt Gernot Lehr sowie der Passauer Bischof Stefan Oster.
Peter Frey wehrte sich gleich zu Beginn der Runde leidenschaftlich gegen den Begriff der „Lügenpresse“. „Er ist in den 20er Jahren gezielt erfunden worden, um die Demokratie anzugreifen“, erklärte er. Durch die sozialen Medien habe insgesamt eine Verrohung des Klimas stattgefunden, die sich auch gegen Journalisten richte. „Wir kommen damit aber ganz gut zurecht“, weist Frey jede Larmoyanz von sich. Medienvertreter müssten sich aber selbstkritisch fragen, ob sie die soziale Wirklichkeit in Deutschland noch im Blick haben. Trotz insgesamt hoher Einschaltquoten seien die Menschen am unteren Drittel der Gesellschaft zu wenig im öffentlich-rechtlichen Programm berücksichtigt worden. „Wir haben Mittelschichtsfernsehen gemacht“, räumt er ein.
„Journalismus als kritische Instanz“ wünscht sich Maybrit Illner. Die Menschen sollten sich nicht besser fühlen, sondern besser informiert wissen. Satire hingegen, sagte sie mit Verweis auf den Kaberettisten Gerhard Polt, sei dann angebracht, wenn man eigentlich hilflos sei: „Wie Polt sagte: vor dem Tod, der CSU und dem FC Bayern.“ Das Gedicht von Jan Böhmermann über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan müsse im Zusammenhang mit seiner Entstehung gesehen werden. Erstaunt zeigte sich die bekannte Moderatorin darüber, wie diese Satire zentrale Vertreter der politischen Klasse in „kompletter Ratlosigkeit“zurückgelassen habe.
Bischof Stefan Oster, der selbst einmal als Journalist gearbeitet hat, appellierte an die Medien, so sachlich wie möglich zu arbeiten. Er erkenne einen Trend, aufgrund wirtschaftlichen Drucks „stärker zu emotionalisieren als zu informieren“. Auf den Einwand Maybrit Illners, dass die Kirche ja mit Emotionen arbeite, antwortete er: „Ich will das Evangelium verkündigen.“ Dabei gelte es auch zu informieren. Die Kirche sei selbst nicht selten dem Spott ausgesetzt. Die moralische Messlette liege auch hoch.
Rechtsanwalt Gernot Lehr, „immer offen für interessante Mandate“, hätte eigenem Bekunden zufolge von einer Verfolgung der Böhmermann-Satire abgeraten. Satire sei durch das Grundrecht auf die Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt, dürfe aber nicht die Person als solche verunglimpfen. Sein berühmtester Mandant war Papst Benedikt XVI.. Das umstrittene Titelblatt des Satiremagazins Titanic mit dem Urinfleck auf der Soutane bezeichnete Lehr als „unsägliche Herabsetzung“, die sich gegen die Person richtete.
Von zwei Beispielen öffentlicher Verachtung, die auch in einem raueren Klima aus dem Rahmen fallen, erfuhr das Publikum zu einen von Christiane Florin vom Deutschlandfunk. Sachlich, aber immer noch hörbar bewegt, berichtete sie von Leserreaktionen, die sie verunglimpften. Sie hatte die Anzeige der deutschen Sektion eines kirchlichen Hilfswerks für den Abdruck gesperrt, weil darin Deutschland polemisch als „Meinungsdiktatur“ bezeichnet wurde. Die Redaktion der Zeitbeilage „Christ und Welt“, wo sie damals tätig war, entschied, die schwerwiegenden Beleidigungen, als Antwort auf ihren Bericht über die Entscheidung, die Anzeige abzulehnen, samt Namen der Absender abzudrucken.
Ein weiteres Beispiel ist das des Düsseldorfer Rechtsanwaltes und Publizisten Heinrich Schmitz, dessen Familie bedroht wurde. Er hatte regelmäßig in Kolumnen klassisch liberale Positionen verteidigt. Aus Sicherheitsgründen war er nicht persönlich erschienen: Der Moderator der Runde, Joachim Frank, Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten, stellte den Fall vor.