Katholische und orthodoxe Bischöfe im Irak sehen nach dem Referendum über die Unabhängigkeit der Autonomen Region Kurdistan neue Gefahren auf die christliche Minderheit im Irak zukommen: „Die aktuelle Lage versetzt die Christen in Angst. Sie befürchten, dass sich die Krise zu einem neuen, langwierigen Konflikt ausweitet“, schreiben die Bischöfe in einer Erklärung, die dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ vorliegt. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, und der syrisch-orthodoxe Erzbischof Nicodemus Sharaf aus Mossul.
Ende September hatte die kurdische Autonomieregierung im Nordirak trotz internationaler Kritik und Warnungen ein Unabhängigkeitsreferendum abgehalten. 92 Prozent stimmten nach Angaben der Regionalregierung für einen eigenen Staat. Bagdad verbat daraufhin unter anderem internationale Flüge in die Region und bat die Nachbarländer Türkei und Iran, die Grenzen zu den Kurdengebieten zu schließen.
Die Bischöfe kritisieren diese Zuspitzung: „Während die Zentralregierung und die kurdische Regionalregierung um den Einfluss in der Region kämpfen, sind die vom sogenannten „Islamischen Staat“ befreiten Gebiete in einem erbärmlichen Zustand. Die Regierungen unternehmen keinerlei Anstrengung, das Gebiet wiederaufzubauen.“ Die Rückkehr der Christen in die Ninive-Ebene würde so erschwert; sie säßen „zwischen den Fronten“.
Noch immer halten sich rund 90 000 Christen als Binnenflüchtlinge im kurdischen Teil des Irak auf. Dorthin waren sie 2014 vor den vorrückenden IS-Truppen geflohen. In der einst mehrheitlich christlich besiedelten Ninive-Ebene läuft derweil der Wiederaufbau an; über 14 000 Christen konnten bereits zurückkehren. Die Ninive-Ebene liegt zwischen dem Kurdengebiet und dem irakischen Staatsgebiet, die Zugehörigkeit ist teilweise umstritten.
„Die letzten verbliebenen christlichen Gebiete dürfen nicht in die politische Auseinandersetzung hineingezogen werden. Unsere geschwächte christliche Gemeinschaft würde eine weitere Spaltung nicht verkraften“, warnen die Bischöfe. Die Ninive-Ebene dürfe auf keinen Fall geteilt werden. Weitere Konflikte würden zu neuen Auswanderungswellen führen und die ohnehin dezimierten christlichen Gemeinden weiter ausbluten.
Aus Sorge, die Christen könnten in einen bewaffneten Konflikt hineingezogen werden, fordern die Bischöfe, den Einsatz und die Lieferung von Waffen auf die offiziellen staatlichen Sicherheitskräfte zu beschränken und rufen zur Deeskalation auf – auch in den Medien. „Wir hoffen, dass es beiden Seiten gelingt, eine angemessene Lösung zu finden, statt Hassgefühle zu verbreiten und dadurch den Konflikt weiter zu schüren.“
„Kirche in Not“ unterstützt den Wiederaufbau in neun christlichen Dörfern der irakischen Ninive-Ebene. Dort sind rund 13 000 Gebäude beschädigt oder komplett zerstört. Die Gesamtkosten für den Wiederaufbau betragen rund 210 Millionen US-Dollar. Um den Wiederaufbau und damit das Überleben des Christentums in einer seiner Ursprungsregionen zu unterstützen, bittet „Kirche in Not“ um Spenden – online unter www.spendenhut.de oder an:
Empfänger: KIRCHE IN NOT
LIGA Bank München
IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02
BIC: GENODEF1M05
Verwendungszweck: Irak
Weitere Informationen zum Wiederaufbauprogramm der christlichen Kirchen im Irak unter dem Vorsitz von „Kirche in Not“ unter: www.nrciraq.org
(Quelle: KiN)