Am Freitag liegt es zehn Jahre zurück, seit die mutige russische Journalistin Anna Politkowskaja ihren Kampf gegen die dunklen Machenschaften mächtiger Männer verlor: Vor ihrer Wohnung tötete ein Auftragskiller die damals 48-Jährige mit mehreren Schüssen. Acht Jahre später wurde er zu lebenslangem Straflager verurteilt und mit ihm vier weitere Beteiligte. Die Auftraggeber sind bis heute nicht enttarnt und damit nicht zur Rechenschaft gezogen worden.
Vor ihrer Ermordung arbeitete sie an einer Artikelserie über Folter und Entführungen in Tschetschenien und die Rolle von Ramsan Kadyrow. Einen „bis zu den Zähnen bewaffneten Feigling“ hatte die Kritikerin den damals 30-Jährigen in einer Sendung von Radio Liberty genannt: Zwei Tage später stand der Killer vor ihrer Tür. Der politische Zögling Wladimir Putins wurde im Jahr Eins nach dem Mord an Politkowskaja schließlich vom Kreml als Präsident in der Krisenprovinz eingesetzt.
Politkowskaja war seit Juni 1999 bei der regimekritischen unabhängigen „Nowaja Gaseta“ beschäftigt. Im Zuge des Krieges entwickelte sie sich zunehmend zu einem Sprachrohr der Opfer in Tschetschenien, und wurde durch ihr Engagement weltweit bekannt. Der Mut, der ihr international Auszeichnungen einbrachte, wurde mit Morddrohungen und Anschlägen in ihrer Heimat beantwortet.
Noch immer suchen nicht nur ihre Hinterbliebenen, sondern auch die Kollegen der „Nowaja Gaseta“ nach den Hintermännern der Bluttat. Die Redaktion hatte bereits unmittelbar nach dem Mord eigene journalistische Ermittlungen angekündigt. Erschwert wurde deren Einsatz dadurch, dass die Staatsanwaltschaft sofort danach das Arbeitszimmer der Journalistin durchsuchte und sämtliche Unterlagen beschlagnahmte.
Menschenrechtsorganisationen gehen von einem politischen Verbrechen aus, weil sie zahlreiche ähnliche Fälle dokumentiert haben, in denen Kritiker von Korruption oder Menschenrechtsverletzungen systematisch gewaltsam zum Schweigen gebracht wurden. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) etwa hatte 246 Morde an Journalisten in der Zeit zwischen 1991 bis 2006 dokumentiert. Schon frühzeitig dämpften solche Beobachter die Hoffnung, die zuständigen Ermittlungsbehörden könnten tatsächlich Licht ins Dunkle bringen und zur Aufdeckung der Machenschaften beitragen.